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Hercules - History
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Ab 1974 hatten sich die Hercules-Werke in Nürnberg nach mehrjähriger Abstinenz wieder werksseitig am Motorrad-Geländesport beteiligt. Allerdings merkte man rasch, dass der als Antrieb verwendete Sachs Motor mit einem 5-Gang-Ziehkeilgetriebe die besten Jahre bereits hinter sich hatte und kaum noch Entwicklungspotential bot. Da kam der 1972 entwickelte und bereits seit 1974 in der Erprobung befindliche „neue" Sachs 7-Gang Sportmotor gerade recht, um für das Jahr 1976 ein neues Motorradkonzept umzusetzen - zumal dieser Motor ab Jahresanfang 1976 bereits in der Serienfertigung für die kleineren Hubräume 125 und 175 Kubikzentimeter zur Verfügung stand. Die größeren Hubräume 250 und 255 Kubikzentimeter wurden anschließend mit geringer zeitlicher Verzögerung nachgeschoben. 

Die Philosophie der Motorenentwickler aus Schweinfurt bestand darin, für alle Hubräume ab 50ccm aufwärts ein einziges, horizontal geteiltes und formschönes Gehäuse verwenden zu können. Dies war grundsätzlich keine schlechte Überlegung, zumindest vom kauf-männischen Standpunkt aus betrachtet. Gleichwohl unterschieden sich die Gehäuse für die Hubräume bis 175ccm geringfügig durch einen etwas kleineren Kurbelraum und andere Primärübersetzungen. Das Gesamtkonzept hatte jedoch den entscheidenden Nachteil, dass die Motoren für die kleinen leistungsschwächeren Hubräume einfach deutlich zu schwer ausfielen. Dazu kam noch ein Fahrwerk, welches optisch sehr stabil wirkte, dabei aber neben einigem Übergewicht auch geometrische Mangel aufwies. Kurzum, die Hercules Sport- motorräder der Baureihe ab 1976 waren kein großartiger Verkaufserfolg. Konkurrenten wie KTM oder SWM konnten zu jener Zeit mit deutlich moderneren und leistungsfähigeren Produkten aufzuwarten.

Test in einschlägigen Motorradmagazinen förderten die Schwächen wie durchzugsschwache Motoren oder eben Fahrwerksmängel - nicht zuletzt auch aufgrund spärlicher Federwege - schnell zu Tage. Hercules reagierte darauf noch kurzfristig mit Nachbesserungen, zumindest am Motor. Vor allem im Bereich der Zylinder- und Auspuffsysteme erfolgten erste kleinere Überarbeitungen. Entscheidende Veränderungen am Fahrwerk konnten allerdings erst mit Produktionsbeginn der Baureihe für das Jahr 1977 vorgenommen werden. Zu diesem Zeitpunkt gab es etwas leichtere Rahmen, verstärkte Motorenaufhängungen und etwas erhöhte Federwege vorne und hinten, um die markentreuen Sportfahrer bei der Stange halten zu können. Mit verbesserten Modellen ausgestattet waren Reinhard Christel aus Uttenreuth sowie Gerhard Bayer aus Augsburg, die von Hercules als Werksfahrer in der Deutschen Geländemeisterschaft eingesetzt wurden. Gerhard Bayer konnte damit wenigstens in der 175 ccm Klasse 1976 noch Vizemeister werden - ein Achtungserfolg für den fränkischen Hersteller. 

Um dem Sporterfolg ordentlich auf die Sprünge zu helfen, warben die Nürnberger den namhaften Motoren-Techniker Heinrich Wieditz beim Konkurrenten Zündapp in München ab und beauftragte ihn damit, für Hercules schnelle und konkurrenzfähige Geländesport-Wettbewerbsmotorräder aufzubauen. Immerhin hatte er seit Jahren die äußerst erfolgreiche Zundapp-Werksarmada verantwortlich mitbetreut und fortentwickelt. Um auch mit der Marke Hercules Geländesporterfolge erringen zu können, ging Wieditz sehr gründlich zur Sache. Mit komplett neuen Rahmen, die deutlich leichter und filigraner aufgebaut waren als das käufliche Serien-produkt und die darüber hinaus auch eine andere Geometrie aufwiesen, sowie stark überarbeiteten Motoren wurde die Wettbewerbssaison 1977 durch die Hercules-Sportabteilung in Angriff genommen. 

Die Werksmotoren waren äußerlich am sogenannten Wieditz-Zylinder erkennbar. Das optische Erkennungszeichen waren seitlich in die stark gekürzten Kühlrippen geschnittene Öffnungen, welche der besseren Bearbeitung der beiden Überströmkanäle dienten. Hinzu kam, dass diese Zylinder über acht Kühlrippen verfügten statt nur fünf wie beim Serienmotor. Dieses eigenständige Fahrzeug-Konzept für die Werksfahrer wurde ab 1977 zum Einsatz gebracht. Das Hercules Sport-team unter der Leitung von Hermann Popp bestand aus den Fahrern Arnulf Teuchert (100), Lorenz Kirchenbauer (175), Hans Wagner (250) und Heino Büse (350). Für den italienischen Markt wurden unter dem historischen Markennamen DKW, Fahrer wie Perego, Bettoni, Gualdi, Andreini oder Marinoni mit identischen Sportmotorrädern aus den Nürnberger Werkshallen ausgestattet. 

Erste Erfolge mit den von Heinrich Wieditz weiterentwickelten Motoren und Motorrädern stellten sich im Verlauf des Jahres rasch ein. Hans Wagner und Heino Buse konnten 1977 die Titel als Deutsche Geländemeister in den Klassen bis 250 und bis 350 Kubikzentimeter für Hercules ein-fahren. 

Quelle:  Enduro-Klassik Jahrbuch 2014

Auf Wunsch der Konzernmutter Mannesmann wurde der Fahrradbereich inklusive dem Markennamen Hercules am 31.08.1995 an die niederländische ATAG-Gruppe verkauft. Gleichzeitig firmierte der motorisierte Bereich in SACHS Fahrzeug- und Motorentechnik GmbH um und begann noch 1997 mit der Entwicklung und Produktion einer neuen 125er-Zweitakt-Modellreihe mit Minarelli-Motoren. Die Motorenfertigung bei F&S in Schweinfurt lief im Juni 1997 aus. Im Folgejahr wurdw die SACHS Fahrzeug- und Motorentechnik GmbH an die niederländische Winning Wheels Gruppe verkauft zu der auch die Marken Union, Merida, Urban Solutions und Koch-Kleeberg N.V. gehören. Nach einem "Management Buy Out" konnte die neue Nürnberger Geschäftsführung in 2000 die neue Roadster-Baureihe mit 650 cm³- und 800 cm³-Suzuki-Motoren vorstellen.
Die allgemeine negative Marktentwicklung mündete in der Insolvenz, die das Unternehmen durch Gewinnung einer asiatischen Investorengruppe 2006 erfolgreich meistern konnten. Nach dem Neubeginn wurde 2008 aus der "SACHS Fahrzeug- und Motorentechnik GmbH" die "SFM GmbH". Die aktuellen Modelle der SFM GmbH werden in Nürnberg entwickelt und vertrieben, während die Maschinen kostengünstig in China produziert werden.